Früher da gab es einen Ort, den Anouk liebte. Ein Café tagsüber, abends eine Weinbar. Mitten in der kleinen Fussgängerzone der Studentenstadt Freiburg im Üechtland in der Rue de Romont. Oft sass sie da an einem der Tische auf einem klapprigen Holzstuhl – selten drinnen, meistens draussen. Draussen sass man je nach Tischwahl sehr nahe an der weinenden Plastik, deren Metall je nach Licht grünlich schimmerte. Leise hörte man die Tränen vom etwas verdeckten Gesicht über den zerknautschten Mantel auf die Pflastersteine tropfen. Dank der Person, die da in Form gegossen worden war, fühlte sich Anouk manchmal weniger allein und manchmal sogar weniger einsam. Manchmal hatte sie fast das Gefühl, dass diese Gestalt alle Traurigkeit in unmittelbarer Nähe in sich aufsaugte, sammelte und mit ihren Tränen anschliessend wieder von sich gab. Fast ein bisschen als wollte sie den Menschen in ihrem Umfeld ihre Last abnehmen.
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